Die neue BEHV: 3…2…1…meins! – oder doch nicht?

Die Emissionsberichte sind endlich eingereicht, die nEZ abgegeben und an das Berichtsjahr 2024 im nEHS kann somit ein Haken gemacht werden. Doch ehe man sich’s versieht, steht eine neue Herausforderung vor der Tür: Das Jahr 2026! Man möchte meinen, dass doch erst einmal anstehende Berichtsjahr 2025 verdiene die volle Aufmerksamkeit. Aber nein, 2026 ist in aller Munde – und das aus gutem Grund.

Emissionshandel verfassungskonform gemacht

Während die im Jahr 2025 in Verkehr gebrachten Brennstoffe nach den mittlerweile bekannten Spielregeln wie jedes Jahr berichtet und emissionszertifiziert werden müssen, gibt es ab 2026 nämlich eine entscheidende Änderung. Nach fünf Jahren Einführungsphase des nationalen Emissionshandelssystems (nEHS), charakterisiert durch einen jährlich vorgeschriebenen Festpreis, wird in 2026 endlich die von Anfang an vorgesehene Ausgabe der nationalen Emissionszertifikate (nEZ) am Primärmarkt über Versteigerungen eingeführt. Lange wurde gemunkelt, ob der Festpreismechanismus nicht doch schlicht um ein weiteres Jahr verlängert werden würde. Schließlich sei durch die 2027 erfolgende Überführung fast aller nEHS-Teilnehmer in das neue Brennstoffemissionshandelssystem auf europäischer Ebene, das EU-ETS 2, die Sinnhaftigkeit der Implementierung eines neuen Versteigerungsmechanismus allein für ein Jahr doch sehr in Frage zu stellen. Am Ende waren es aber vermutlich verfassungsrechtliche Bedenken, die die Bundesregierung zu diesem Schritt bewogen haben. Denn das bisherige Festpreissystem, mit seinem unbegrenzten Budget an Emissionszertifikaten, war von Anfang an stark unter Beschuss. Insbesondere der Vorwurf, das Festpreissystem lasse den Emissionshandel nicht wie eine nichtsteuerliche Abgabe nach Vorbild des EU-ETS 1, die den Sondervorteil der Emissionsmöglichkeit in einem knappen System abschöpft, sondern vielmehr wie eine unzulässige neue Steuer wirken, wog in der Betrachtung der Gesetzgeber schwer.

Deutschlands CO2-Budget zu knapp

Am 16.09.2025 trat die vom Bundeskabinett beschlossene Novellierung der Brennstoffemissionshandels- verordnung (BEHV) in Kraft, welche die Art und Weise der Bereitstellung von Emissionszertifikaten im nEHS für teilnahmepflichtige Unternehmen regelt. In 2026 werden nEZ auf dem Primärmarkt im Rahmen von Versteigerungen innerhalb eines Preiskorridors von 55 - 65 €/t CO2 veräußert. Die Schätzungen für die Gesamtversteigerungsmenge für das Jahr 2026 beläuft sich dabei auf ungefähr 210 Millionen nEZ – der genaue Betrag wird erst bis zum 30.04.2026 bekanntgegeben. Im Grunde fußt dieser Betrag auf der von EU-Seite durch die Effort-Sharing-Regulation (ESR) vorgegebene Emissionsmenge, die Deutschland jährlich zur Verfügung steht. In den nEHS-Sektoren Verkehr und Wärme beträgt das deutsche Emissionsbudget im Jahr 2026 ca. 255 Mio. t CO2. Emissionsvorgaben in dieser Größenordnung gab es schon in den vergangenen Jahren und sie wurden im Rahmen des Festpreissystems, das einen unbegrenzten Kauf an Zertifikaten zuließ, konsequent verfehlt. In der Folge musste Deutschland stets Emissionszuweisungen aus anderen EU-Mitgliedstaaten zukaufen, um seine Überemissionen zu kompensieren. Genau diese Zusatzbedarfe der vergangenen Jahre werden vom ESR-Wert für 2026 abgezogen, um so die Gesamtversteigerungsmenge an nEZ in 2026 zu ergeben.

nEZ-„Verknappung“ vorprogrammiert

Während für die Jahre 2021-2024 von einem Zusatzbedarf von ca. 4 Mio. Zertifikaten auszugehen ist (Annahme für Zusatzbedarf in 2024: Durschnitt der Jahre 2021-2023), gibt die neu beschlossene BEHV für das Jahr 2025 einen überraschen hohen Zusatzbedarf von 39 Mio. Zertifikaten vor. Zusammengerechnet ergibt sich die Gesamtversteigerungsmenge für 2026 von ca. 212 Mio. Zertifikaten. Setzt man diesen Wert ins Verhältnis zu der Menge an Zertifikaten, die zur Erfüllung der Compliance-Pflicht aller nEHS-Teilnehmer in Summe abzugeben sind, findet man eine deutliche Abweichung. Im Jahr 2023 lag die Abgabemenge bei ca. 283 Mio. nEZ und damit mehr als 30 % über der geplanten Gesamtversteigerungs-menge für 2026. D.h., auch wenn die Abgabemenge für das Jahr 2026 ein gutes Stück geringer als in 2023 ausfallen sollte, ist immer noch mit einer Zertifikatsnachfrage zu rechnen, die das Auktionsangebot um bis zu 25 % übersteigt. Allein ein äußerst starker konjunktureller Einbruch oder ein extrem milder Winter wären in der Lage, Angebot und Nachfrage in Einklang zu bringen.

Auktionsdesign
  • Start: erste Auktion frühestens im April 2026

  • Börse: voraussichtlich European Energy Exchange (EEX) in Leipzig

  • Rhythmus: mind. wöchentliche Auktionen

  • Preisbildung: 55–65 Euro, Einheitspreisverfahren

  • Versteigerungsmenge pro Termin: ca. 6 Mio. Zertifikate

  • Besonderheit: Beim Zuschlagspreis von 65 Euro können doppelt so viele Zertifikate wie vorgesehen verteilt werden. Die Restmenge für spätere Auktionen schrumpft dadurch – Auktionen könnten deshalb schon im Herbst enden.

Überschussnachfrage zum Festpreis von 68 €/t CO2

Nun stellt sich natürlich die Frage, wie mit der Nachfrage umgegangen wird, die nicht über die Auktionen bedient werden kann. An diesem Punkt findet im Grunde ein Rückfall in das alte Festpreissystem statt. Denn gemäß BEHV kann nach Auslaufen der Auktionen die gesamte Überschussnachfrage beim Auktionator im verbleibenden Jahr 2026 zu 68 Euro pro Zertifikat gedeckt werden. Der frühestmögliche letzte Verkaufstermin für Festpreiszertifikate ist der dritte Arbeitstag im Dezember. Zusätzlich können, wie bislang auch, im Folgejahr 2027 noch bis zu 10 % der zum 31.12.2026 auf dem nEHS-Registerkonto befindlichen Zertifikatemenge nachgekauft werden. Allerdings liegt der Nachkaufpreis bei 70 Euro pro Zertifikat. Jeglicher Bedarf, der in 2027 über die 10 % Nachkaufmenge hinausgeht, muss über den Sekundärmarkt abgewickelt werden.

Starke Ungleichverteilung auf Nachfrageseite

Lässt sich aus dem geschilderten Auktionsdesign bzw. der Preisstruktur ein zukünftiges Verhalten der Marktteilnehmer ableiten? Zuallererst ist wichtig festzuhalten, dass es für nEHS-Pflichtige keinerlei Sicherheit gibt, Zertifikate zu 65 Euro, geschweige denn zu einem tieferen Preis, ersteigert zu bekommen. Dies wird in erster Linie durch den prognostizierten großen Nachfrageüberhang verhindert. Insbesondere kleinere Marktteilnehmer, also Teilnehmer mit kleineren abgabepflichtigen Emissionsmengen, werden es schwer haben bei den Auktionen zum Zug zu kommen bzw. Mengen in der gewünschten Größenordnung zu ersteigern. Dies verdeutlichen die folgenden Zahlen: Im Berichtsjahr 2023 entfielen fast 71 % der abgabepflichtigen Emissionen auf 2,5 % der nEHS-Teilnehmer. Allein 10 Unternehmen waren für 46 % der Abgabemenge verantwortlich. Tochterunternehmen oder Beteiligungen großer Verpflichteter sind dabei nicht eingerechnet.

Nachteil für kleinere Marktteilnehmer

Zwecks Schutzes kleinerer Teilnehmer sieht die BEHV zwar vor, dass bei einem Versteigerungstermin die Summe der einzelnen Gebote eines einzelnen Bieters je Auslieferungskonto nicht höher sein darf als 50 Prozent der für diesen Termin vorgesehenen Versteigerungsmenge. Jedoch lässt sich durch diese Regelung die Ausübung von Marktmacht durch große Teilnehmer kaum verhindern. Unter der Annahme etwa, dass pro Versteigerungstermin zwischen 6 Mio. und 12 Mio. Zertifikate versteigert werden, fällt den 10 emissionsstärksten Teilnehmern mit einer Abgabemenge von ca. 130 Mio. Zertifikaten (Wert aus dem Jahr 2023) eine erhebliche Marktmacht im Zuge ihrer Positionierung bei den Auktionen zu. Bei diesen Teilnehmern ist in der Regel die notwendige Liquidität vorhanden, die es ihnen ermöglicht, frühzeitig im Jahr bei den Versteigerungen großen Mengen zu erwerben und eventuell sogar Mengen zu kaufen, die über den eigenen Bedarf hinausgehen, um Sie im Anschluss gewinnbringend auf dem Sekundärmarkt wieder veräußern zu können. Wenn man sich im Markt umhört, wird deutlich, dass die meisten Marktteilnehmer, die den nEZ-Markt im Blick haben, in ihre Kalkulationen für das Jahr 2026 Preise von mindestens 65 Euro pro Zertifikat haben einfließen lassen. Allein diese Tatsache führt natürlich dazu, dass im Rahmen der Versteigerungen die Zahlungsbereitschaft bei den meisten Bietern bei 65 Euro liegen wird. Entsprechend nahe am oberen Ende des Preiskorridors dürften die Auktionspreise 2026 also ausfallen.

Was kleinere und mittelständische Marktteilnehmer jetzt tun sollten
  • Frühzeitig bieten: Wer wartet, riskiert, nur noch überteuerte Mengen zu bekommen.

  • Liquidität sichern: Ohne freie Mittel kein Spielraum in den Auktionen.

  • Versteigerungsmenge tracken: Durch begrenzte Menge bei hoher Nachfrage können Auktionen schon im Herbst enden.

  • Bedarf früher und präziser planen: Prognosen müssen enger an den tatsächlichen Emissionen liegen, da Banking noch nicht möglich ist.

  • Kalkulation anpassen: Voraussichtlich müssen Zertifikate im Jahr 2026 mindestens teilweise zu 68 EUR erworben werden bzw. zu 70 EUR beim Nachkauf.

Fazit

Mit der neuen BEHV sind längst nicht alle Fragen geklärt, was die Fortführung des deutschen Emissions-handels im Jahr 2026 angeht. Unklarheiten bestehen nach wie vor hinsichtlich der genauen Gesamt-versteigerungsmenge an nEZ, der Verteilung dieser Menge auf die einzelnen Versteigerungstermine, des Beginns und Endes der Auktionsphase sowie deren technischer Umsetzung. Immerhin jedoch besteht jetzt Klarheit darüber, worüber eben noch keine Klarheit besteht. Insofern hat die BEHV den grundlegenden Rahmen für die verfassungskonforme Bereitstellung von Emissionszertifikaten im nEHS in 2026 hinreichend deutlich abgesteckt. Für Marktteilnehmer wird es dadurch wichtiger, frühzeitig eine fundierte Beschaffungsstrategie zu entwickeln – am besten mit professioneller Unterstützung durch uns.

24.09.25

Ihr Emissionshändler.com Team